Wenn wir mit Menschen über deren Sterbewünsche sprechen stellen wir häufig fest, dass es große Unsicherheiten bzgl. der Begrifflichkeiten, der in Deutschland erlaubten Sterbehilfen und der Bedeutungen gibt. Um hier etwas Licht ins Dunkel zu bringen haben wir das folgende einfache Schaubild erstellt.
Wir unterscheiden zuallererst, ob es sich um eine Form des Suizids oder der Sterbehilfe han-delt. Beim Suizid liegt die Tatherrschaft beim Betroffenen selbst. Das bedeutet, dass er selbst die Lebensbeendigung durchführt – im Mindesten zumindest die unmittelbar zum Tod führen-de Handlung wie das Öffnen einer Infusion.
Bei allen Formen der sogenannten Sterbehilfe liegt die Tatherrschaft nicht beim Betroffenen, sondern hier werden ärztliche Anweisungen und sich daraus ergebende (Be-)Handlungen durch Dritte wie Pflegefachkräfte oder Ärzte/-innen vorgenommen. Auch hier gilt deutsches Recht: Das im Grundgesetz verankerte Recht auf körperliche Unversehrtheit gilt gegenüber allen anderen Menschen und damit auch gegenüber Ärzten: Niemand in Deutschland darf gegen seinen Willen behandelt werden.
Abbildung: Formen der aktiven und passiven Sterbehilfe sowie des (assistierten) Suizids
Es ist im Bild eindeutig erkennbar, dass ausschließlich die direkte Form der aktiven Sterbehilfe verboten ist. Diese ist als „Tötung auf Verlangen“ ein Straftatbestand.
Die indirekte Form der aktiven Sterbehilfe hingegen ist erlaubt: dies meint, dass ein Arzt Medikamente mit dem Ziel der Linderung verschreiben und verabreichen darf und dabei als Ne-benwirkung eine Lebensverkürzung des Patienten in Kauf nimmt. Gibt ein Arzt also bspw. höhere Dosen von Morphin gegen starke Schmerzen mit dem Ziel, die Schmerzen zu behan-deln und der Patient stirbt an diesen Morphindosen, ist das erlaubt. Gibt ein Arzt jedoch höhe-re Dosen von Morphin mit dem Ziel, den Tod herbeizuführen und der Patient stirbt an diesen Morphindosen, ist das nicht erlaubt.
Wenn es aktive Sterbehilfe gibt, gibt es auch passive Sterbehilfe. Auch diese lassen sich in direkte und indirekte Formen unterscheiden. Das häufigste und größte Mißverständnis liegt darin, dass das Wort „passiv“ im Deutschen mit „Untätigkeit“ assoziiert ist. Die passive Sterbehilfe ist jedoch ebenfalls in ihrem Tun „aktiv“: hier wird nicht nichts getan, sondern ganz im Gegenteil ganz bewußt eine lebensverlängernde Maßnahme nicht begonnen („unterlassen“) oder – obwohl bereits begonnen – beendet („Behandlungsabbruch“).
An die Stelle dieser Maßnahmen treten rein lindernde Behandlungen und Maßnahmen. Es ist offensichtlich, dass der Behandlungsabbruch bspw. einer Beatmung mit Abstellen des Beatmungsgeräts eine sehr aktive Form der passiven Sterbehilfe darstellt. Ist ein Mensch auf diese Beatmung angewiesen, wird der Tod in unmittelbarer zeitlicher Folge eintreten. Für den Laien ist es nur schwer erkennbar, wo hier der Unterschied zu einer aktiven Sterbehilfe liegen soll.
Ebenfalls erlaubt ist der freiwillige Verzicht auf Essen und Trinken. Es ist zwar umstritten, wie dieser Verzicht einzuordnen ist: Für uns ist dies eine Sonderform des Suizids, da das Ziel dieses bewußten Verzichts eindeutig das Ende des eigenen Lebens ist. Diese Vorgehensweise führt erst nach einigen Tage bis wenigen Wochen zum Tod. Gerade der Verzicht auf Trinken kann qualvoll erlebt werden.